Brutus "The Barber" Beefcake

...oder:
"Die Geschichte, wie aus einem Friseur eine Ode an einen Massenmörder, dann ein Chippendale und letztlich der Jünger eines Kriegers wurde."


Erneut heiße ich alle Leser dieses ersten Gehversuchs als Kolumnenschreiber herzlich Willkommen zu dieser sicherlich erneut markerschütternden Dokumentation. Na, war das nicht ein Wortspiel? Nein? Dann eben nicht. Aber egal, die heutige Ausgabe dreht sich dann doch mal wieder um eine einzelne Person, einen Protagonisten des choreographierten Ringkampfs an dessen Beispiel man alles dokumentieren kann wieso ich diesen Sport so mag und wieso ich mich dafür schäme. Ein kurzer Steckbrief: männlich, hat mehrere Großereignisse als Mit-Hauptattraktion erlebt, hat in etlichen Filmen mitgespielt und war Tag-Team-Champion, als das noch etwas bedeutete. Zudem war er ein langjähriger Freund des alten Mark-Lieblings des Schreiberlings hier, und spätestens jetzt klingeln bei allen die Glocken – es handelt sich natürlich um niemand anderen als Ed Leslie. Bei anderen hätte ich jetzt seine gesamten Gimmicks kurz aufgezählt, aber zum einen ist das nicht wichtig (und es wären viel zu viele), und zum anderen werde ich ihn eh Brutus Beefcake nennen. Den Friseur. Alleine dieser Zusatz machte aus einem durchwegs mediokren Athleten einen Fall für die hauseigene Gimmick-Müll-Rubrik (welche mich zu einem Fan dieser Seite gemacht hat), und dennoch hatte er Erfolge aufzuweisen die wesentlich talentiertere und charismatischere Männer nicht erreichen konnte.

Immerhin war er nicht nur Tag-Team-Champion mit Greg Valentine (den man inzwischen für einen warmen Teller Suppe für deftige Backyard-Action buchen kann), sondern sollte auch noch den IC-Titel von Mr. Perfect gewinnen, als es wirklich noch etwas Besonderes war. Die geschmacklosen Parasailing-Witze spare ich mir jetzt, in jedem Fall hatte er danach zwar kein Metall um die Hüften, aber dafür im Gesicht. Auf den Ersatz bin ich ja bereits eingegangen, der einbeinige Kerry, der Perfect nach einem Slingshot pinnen durfte. In der Zeit davor durfte Hennig gegen Brutus zeigen wieso er als eine „bumping bitch“ galt – und was ihn so einmalig machte: jeder Gegner sah gegen ihn wie ein hundsgemeiner Schläger aus. Wieso schreibe ich eigentlich gerade über Hennig? Nur weil Brutus immer das langweilige Anhängsel von Hulk Hogan war? Könnte sein, aber Hennigs Dummheiten hatten wir bereits in einer anderen Folge behandelt. Jedenfalls: Beefcake, ein immens überförderter, weil überforderter Athlet, war immer zumindest in der Upper Midcard, durfte bei Wrestlemania IX zusammen mit seinem alten Kumpel beinahe erneut Tag-Team-Gold erringen, und ein urbaner Mythos besagt dass er den Titel auch gewonnen hätte wenn sich Hogan nicht kurzfristig dazu entschieden hätte doch lieber den neuen Monster-Champion wie einen Dummkopf aussehen zu lassen und anschließend den Titel mal zwei Monate nach Japan zu nehmen. Pech für Brutus, dafür hatte er einen gigantomanischen Namen für sein Tag Team bekommen, und er durfte mit seiner Gesichtsmaske vorher ordentlich Prügel einstecken.

Als dann Hogan von Vince McMahon die Tür gewiesen wurde und er auf die damals noch grünen Wiesen der WCW wechselte kannte er ja plötzlich niemanden mehr. Ein Skandal, und zudem dann noch Gegner haben die wrestlen können und am Ende backstage auch Einfluss haben – pfui Teufel. Im Zuge der intriganten Zerstörungswelle von Hogan wechselten dann eine ganze Reihe von grenzdebilen Flachpfeifen in die WCW, um dort etablierte Stars wie Deppen aussehen zu lassen (alleine die Fehde von Hogan mit Flair war schon eine Schande, aber dass sich Steve Austin für Jim Duggan in Rekordzeit hinlegen musste war auch nicht eben besser), und schon fühlte sich der Schlangenliebhaber wieder wie daheim. Natürlich war Brutus mit von der Partie und verbreitete Panik und Angst – leider nicht in Storylines, sondern bei den Zuschauern, die jetzt dessen Mist mit ansehen mussten, also schlechte Fähigkeiten im Ring, mieses Selling, wenig Charisma und noch dazu eine eingebaute Jobgarantie. Kurze Notiz an den aufstrebenden Wrestling-Promoter: das sind allesamt keine guten Sachen. Allerdings war Brutus beim WCW-Publikum noch weniger over als er dies in der WWF war, wo alleine eine Freundschaft mit Hulk Hogan in den 80ern genügte um derbe beliebt zu sein. Mitte der 90er, noch dazu bei einem Publikum das bislang Hogan, vorsichtig gesagt, eher gemieden hatte, kam er dagegen nicht so gut an. Ob es als Friseur mit Vokuhila besser gewesen wäre – ich denke, spüre und weiß: nö. Dreimal nö. Dank Papa Hogan war das aber noch nicht einmal so das Problem, ein Versuch nach dem anderen wurde mit verschiedenen Gimmicks gestartet, deren furchtbarste (sprich: sie sind von www.wrestlecrap.com offiziell „ausgezeichnet“ worden) hier einmal ganz kurz vorgestellt werden sollen:

-       Zodiac: Nach einem berühmten Serienmörder benannt, inhaltlich eher als Feng-Shui-Berater aufgestellt, und das Ganze noch mit einem beknackten „Yes! – No! – Yes! – No!“ verpackt – und fertig war das miese Gimmick. Lustig daran war einzig und allein die Kolumne von Sean Carless, der Zodiac als Inkarnation eines bösen, mörderischen Friseurs ausmachte und verantwortlich für die Tode einiger berühmter Vokuhila-Wrestler sprach (namentlich: Eddie Guerrero, Chris Benoit, Mike Awesome, Rocco Rock, Johnny Grunge, Curt Hennig, Rick Rude, Brian Adams). Zumindest ich fand es spaßig: http://www.thewrestlingfan.com/breakingnewz5.html

-       Booty Man: Ja, ja, vom männlichen Stripper bzw. Sexprotz, der er ja zusammen mit Greg Valentine sein sollte, ist es natürlich nur ein Schritt hin zum Sexprotz, der mit seinem tollen Hintern Eindruck schindet. Das Ganze wurde dann noch durch fleischfarbige Abnäher auf seiner Kiste unterlegt, würg. Und, als Krönung des Ganzen, noch einen Finisher draufgepackt, der mit einem Namen belegt wurde, den man getrost mit Popo übersetzen kann, die alten Stammfans werden sich spätestens hierbei gedacht haben dass El Gigante vielleicht doch nicht so verkehrt war.

-       The Disciple: So, und schon gehen wir in den bizarren Bereich über. Der bereits angesprochene Aufenthalt des Ultimate Warrior in der WCW führte neben Geruchsbelästigung unter den Ringen auch zur Bildung eines Gegenstables zur nWo – und was passt da besser als oWn? Eigentlich alles mag der geneigte Leser jetzt sagen, aber die One Warrior Nation war eine gute Sache (wenn man süchtig vom Klebstoffschnüffeln geworden ist), nur fehlte dem Liberalen-Freund Warrior noch der passende Jünger, und da lieh er sich einfach mal Hogans Kumpel aus und machte diesen zu seinem SM-Hund (© R.D. Reynolds). Doch, das Wort passt, SM-Hund. Ein willenloser Sklave der geknebelt mit dem Warrior unterwegs war. Die WWF war echt ganz schön in Schwierigkeiten…

Irgendwann wurde es dann Hogan doch zu bunt, dass Brutus bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Protektion er- und einforderte, und er beendete seine Freundschaft mit seinem langjährigen Kumpel, woraufhin dieser gezwungen war sich einen normalen Job zu suchen. Wo die ganze Penunze für seine Auftritte des Schreckens hingekommen ist – dazu kommen wir gleich. Jedenfalls fand er Arbeit als Kassierer an einer Brückenmautstation, nicht eben lukrativ, aber man hat immerhin ein Dach über dem Kopf. Etwa zum gleichen Zeitpunkt wie die ebenfalls in dieser Serie thematisierten Anschläge auf das World Trade Center wurde irgendwann die Öffentlichkeit dahingehend sensibilisiert dass weißes Pulver doch auch Milzbranderreger sein könnten, unter dem Namen Anthrax nicht nur Heavy-Metal-Fans bekannt. Jedenfalls wurde in Brother Brutis Kabine eine weiße Substanz gesichtet, die umgehend den Heimatschutz auf den Plan rief. Netterweise konnte Brutus die Sache aufklären, indem er einen kräftigen Hennig nahm (sprich: eine Nase voll, nicht zu verwechseln mit: einen Hennig bauen, einen Haufen setzen) und die Substanz als sein Kokain klärend ausgab. Der Heimatschutz konnte wieder abziehen, Brutus allerdings auch – weiß doch jeder dass man in solchen Buden nur Tabletten einwerfen darf, womit Lex Luger eigentlich die Idealbesetzung wäre…

Die Dummheit dieser Ausgabe besteht nun darin, dass Ed Leslie es geschafft hat, von einer stets lukrativen Position als hauseigener Speichellecker von Hulk Hogan entbunden zu werden, danach dann Schrankenwärter zu werden – und den Job auch in den Wind zu schießen. Glückwunsch, Brutus, vielleicht geht ja noch Herrenfriseur im Knast…

Das ist vielleicht Deine Meinung, Mann!